Zur Exkursion ins Elsaß im Sommer 2011

Gespräch mit Dr. Kleinz

Was war das für eine Exkursion und was waren die Schwerpunkte?

Der Strangenberg bei Westhalten: eine trockene Hochebene mit vielen Wildrosen
Der Strangenberg bei Westhalten: eine trockene Hochebene mit vielen Wildrosen

Das war eine Exkursion ins Elsaß und sie hatte mehrere Schwerpunkte.

Wir waren im Ober-Elsaß und allgemein kann man sagen, daß das Gebiet sowieso wenig erforscht ist und man daher mit schönen Funden rechnen kann.

 

Wir hatten die Schwerpunkte Wildrosen und Pflanzen aus dem höheren Gebirge, das waren im speziellen Sorbus-Arten, also Mehlbeeren und dann natürlich Wildobst. 

 

Wie kann man sich so eine Exkursion vorstellen?

Lichtrote, wilde u. evtl. samenechte Süßkirsche mit wohlschmeckenden Früchten, gefunden am Schwarzen See
Lichtrote, wilde u. evtl. samenechte Süßkirsche mit wohlschmeckenden Früchten, gefunden am Schwarzen See

Wir haben uns im Vorfeld schon mal Schrifttum und auch Karten angeschaut, oder auch anhand von Auskünften, die wir von anderen erhalten haben, überlegt, welche Gebiete von Interesse sind.

 

 

Wir kaufen uns dann gute Karten und fahren dorthin. Es geht dann darum, bestimmte Pflanzen zu suchen, von denen man weiß, daß sie dort vorkommen sollen. Aber diese Gebiete sind meistens so interessant, daß man dort auch andere Dinge findet, mit denen man nicht gerechnet hat.

 

Was ist am Elsaß das besonders Interessante?

Diese großfrüchtige und reichfruchtende Haselnuß wurde bei Mittlach gefunden
Diese großfrüchtige und reichfruchtende Haselnuß wurde bei Mittlach gefunden

Das Gebiet liegt zunächst einmal ziemlich weit westlich. Deswegen kann man dort mit vielen anderen Pflanzen rechnen, als bei uns. Es haben sich dort auch ziemlich viele Pflanzen erhalten, die bei uns nicht mehr vorhanden sind.

Im Ober-Elsaß hat man außerdem viele Landschaftsformen gleichzeitig. Es gibt wärmegetöntes trockenes Hügelland, aber dann geht es auch hoch bis in die Hochvogesen. Man hat dort also viele Landschaftsformen auf engem Raum.

Welche Ergebnisse hatten Sie dort?

Wilde Stachelbeere mit gelb-roten Früchten und ohne Anzeichen von Mehltau, gefunden bei Westhalten
Wilde Stachelbeere mit gelb-roten Früchten und ohne Anzeichen von Mehltau, gefunden bei Westhalten

Zunächst einmal haben wir uns das Hügelland bei Westhalten angeschaut. Dort gibt es drei sehr trockene Berge mit einer Hochebene, die ziemlich naturbelassen ist, mit vielen Sträuchern, Wildrosen und Buschwald. Da haben wir uns viel angeschaut. Wobei wir dort nicht mehr viele neue Rosen gefunden haben. Wir waren ja schon zweimal dort. Aber wir haben z.B. Stachelbeeren gefunden. Dort gibt es ja auch viel Wildobst. Dieses Mal haben wir eine Stachelbeere gefunden, die interessant ist, weil sie keine Anzeichen von Mehltau hatte und interessant gefärbte Früchte hatte, die so dunkelgelb-rötlich waren.

 

Strauchig wachsende Kreuzung unter Beteiligung der Zwerg-Mehlbeere auf dem Großen Belchen
Strauchig wachsende Kreuzung unter Beteiligung der Zwerg-Mehlbeere auf dem Großen Belchen

Dann waren wir auch noch auf den Hochvogesen, auf dem Großen und dem Kleinen Belchen und in verschiedenen Zwischengebieten im Ober-Elsaß, bei Mittlach und in verschiedenen Seitentälern. Und auch an bestimmten Bergseen.

Auf dem Großen Belchen haben wir verschiedene Mehlbeerarten gefunden. Das waren beispielsweise Kreuzungen zwischen der Zwerg-Mehlbeere und der Berg-Mehlbeere, die dort wild wachsen, und auch die Berg-Mehlbeere (Sorbus mougeotii), die ja auch ganz interessant ist.

Strauchige Felsen-Traubenkirsche auf dem Großen Belchen
Strauchige Felsen-Traubenkirsche auf dem Großen Belchen

Außerdem haben wir nach der Stachellosen Bibernellrose gesucht, die ja schon im 19. Jahrhundert beschrieben worden ist von den Vogesen. Wir haben zwar Formen gefunden, die in die Nähe kommen, aber keine völlig stachellose. Also nur ein halb zufriedenstellendes Ergebnis.

 

Dann haben wir eine Felsen-Traubenkirsche gefunden, die auch sehr interessant ist, weil sie anders wächst als die Gewöhnliche, mehr strauchig und kleiner, und weil sie auch auf anderen Standorten wächst,  wahrscheinlich mehr auf trockenen Standorten. Sie ist auch sehr, sehr selten.

 

Warum sind weitere Mehlbeerarten von Interesse?

Also, erstens haben wir ja auch ein botanisches Interesse, es geht ja nicht nur um Gartenbau, sondern auch darum, seltene Arten in Mitteleuropa aufzusuchen und Bilder zu machen.

 

Zweitens ist bei den Mehlbeeren die Gruppe interessant, die zwischen den höher wachsenden Arten, wie der Echten Mehlbeere oder der Vogelbeere und den kleinwüchsigen Gebirgsgarten liegt. Die Vertreter dieser Gruppe sind für Gärten sehr interessant, weil sie nicht groß werden, sondern Sträucher bleiben, und weil sie oft schöne lichtrote Blüten haben.

 

Zu dieser Gruppe gehört z.B. die Dörr-Mehlbeere aus dem Allgäu, die wir schon haben. Außerdem achten wir bei den Mehlbeeren, oder besser bei den Sorbus-Arten, denn dazu zählt auch die Vogelbeere, auf Formen, die gute Früchte zum Verzehr haben, denn es gibt auch solche Formen, die süße, sehr wohlschmeckende Früchte haben.

 

 

Hat sich diese Exkursion also nur auf die Suche nach Pflanzen beschränkt?

Himbeere 'Winklers Sämling' in der Schweizerischen Beerensammlung in Basel
Himbeere 'Winklers Sämling' in der Schweizerischen Beerensammlung in Basel

Es ging zwar immer um Pflanzen, aber es ging zum einen um Pflanzen in der Natur und zum anderen haben wir diese Exkursion aber auch mit einer Tagesexkursion nach Basel verbunden.

 

Dort befindet sich die Schweizerische Beerensammlung, mit einer riesigen Menge seltenster Funde von Stachelbeeren, Johannisbeeren, Himbeeren und so weiter.

 

Sie ist mit Sicherheit eine der größten Beerensammlungen weltweit und wir haben von dort einige alte Stachelbeersorten mitgebracht, die es sonst nicht mehr gibt, und eine Himbeersorte: „Winklers Sämling“.

 

Was gab es denn z.B. für Zufallsfunde?

In Wildenstein gefundene, langblühende Zentifolie
In Wildenstein gefundene, langblühende Zentifolie

In einem Garten in Wildenstein gab es z.B. eine Zentifolie, die nachblühte oder lang blühte. Als wir einen Wanderweg herunter gekommen sind, haben wir diese Zentifolie in der Abenddämmerung in einem Garten zufällig entdeckt.

 

Solche Funde macht man immer wieder. Oder den Mandelberg, den wir auch durch Zufall gefunden haben. 

 

Wie wurde denn der Mandelberg gefunden?

Auf dem Mandelberg bei Mittelweier fanden sich viele solcher gesunder, wurzelechter Mandeln
Auf dem Mandelberg bei Mittelweier fanden sich viele solcher gesunder, wurzelechter Mandeln

Wir waren unterwegs und im Ort Mittelwihr fand sich ein Hinweis auf einen Ort oder eine Gemarkung mit dem Namen Mandelberg. Wir haben uns dann gesagt, der Name klingt spannend, vielleicht sind da ja auch Mandeln. Es hätte ja auch sein können, daß es ein alter Name ist, der vielleicht heute keinerlei Bedeutung mehr hat. Wir sind dann dorthin gefahren auf diesen kleinen Berg oder Hügel und in der Tat waren dort Mandeln. Der ganze Berg war voller Mandeln. Die größte Überraschung war, daß sie offensichtlich wurzelecht waren. Mandeln werden ja normalerweise veredelt und wir konnten uns nicht erklären, wie es zustande kam, daß ausgerechnet auf diesem Berg überall diese Mandeln standen. Das waren auch unterschiedliche Mandeln, zum Teil auch ganz alte Bäume und das Haupträtsel war:

 

Wie kommen denn diese ganzen Mandeln dorthin? Und als wir bereits auf dem Rückweg waren – nachdem wir den Berg einmal umrundet hatten –  kamen wir zu einem kleinen Gärtchen, in dem überall kleine Mandelpflanzen standen. Da war uns klar, daß dieser Garten irgendetwas zu tun haben mußte mit den Mandeln, die überall auf diesem Berg standen.

 

Ein paar Schritte weiter sahen wir dann ein älteres Ehepaar, das gerade aus dem Auto stieg und das haben wir dann gefragt. Wir reden ja immer sehr viel mit Leuten in der Gegend, weil man dabei immer viel herausbekommt, und da stellte sich heraus, daß genau dieser Mann der Vater der Mandeln war. Er hat also dafür gesorgt, daß überall auf diesem Berg Mandeln standen. Durch einen Zufall, denn das Ehepaar kam gerade aus dem Urlaub zurück, konnten wir so herausfinden, was es mit diesen Mandeln auf sich hatte. 

 

Gab es noch weitere Zufallsfunde?

Wurzelechter, bläulicher Apfel mit mild-süßen Früchten auf dem Bollenberg bei Westhalten
Wurzelechter, bläulicher Apfel mit mild-süßen Früchten auf dem Bollenberg bei Westhalten

Wir haben auch Obstfunde gemacht, unter anderem auf dem Bollenberg in der Nähe von Westhalten in den Vorderen Vogesen, wo wir auch unsere Unterkunft hatten.

 

Dort haben wir einen wild gewachsenen Apfel gefunden, der trotz größter Trockenheit – das ist nämlich dort eine steppenähnliche Hochfläche – sehr gut im Laub stand und auch sehr, sehr viele Früchte hatte, die blau bzw. bläulich überzogen waren und süß schmeckten.

 

Dieser Apfel wäre besonders wegen der Farbe für den normalen Gartenbesitzer interessant?

Nein. Da gibt es verschiedene Punkte: einerseits war dieser Apfel wurzelecht. Das ist schon mal ein großer Vorteil, denn Pflanzen, die wurzelecht sind, lassen sich viel leichter wurzelecht vermehren. Dann war er offensichtlich unter schwierigsten Bedingungen sehr gesund und vital und außerdem waren da noch diese Früchte, die einerseits sehr gut schmeckten und andererseits schön aussahen wegen der Farbe.

 

Kann man also sagen, daß diese Exkursion alles in allem erfolgreich abgelaufen ist?

Eine blaue (vielfarbige) Mirabelle, gefunden bei Westhalten
Eine blaue (vielfarbige) Mirabelle, gefunden bei Westhalten

Wir haben zum Teil Pflanzen, die wir gesucht haben, nicht gefunden, aber dafür sehr viele andere Pflanzen.

 

Deshalb würde ich sagen, daß es ein voller Erfolg war, denn wir haben sehr viele Funde gemacht.

 

 

 

 

Das Fraggespräch führte Lukasz Barski